Holzschnitte
Die Teile der Holzbalken, die geschnitten und gedruckt wurden stammen aus dem Dachfirst des Hauses Erzbergerplatz 6, in dem der Künstler sein Atelier betreibt. Das Holz wurde hier im Jahr 1906 verbaut. Anhand der sichtbaren Jahresringe des Balkenholzes lässt sich schließen, dass der junge Baum bereits im Blickfeld Napoleon Bonapartes gewesen sein könnte. Es wird berichtet, dass der korsische General und spätere Kaiser einst auf der Neusser Straße, also quasi um die Ecke des Atelierhauses übernachtete.
Zur Motivwahl, ähnlich wie bei dem Projekt „Klein-Korea“ begab sich der Künstler ebenfalls an Orte die eine besondere Bedeutung für ihn haben. In der hier abgebildeten Reihe nach Duisburg. Mit jeder Druckplatte wurden vier verschiedene Varianten erstellt. Von links nach rechts betrachtet ergeben sich vier verschiedene Vorgehensweisen, die zu anderen Resultaten führen:
1. Klassischer Druck mit schwarzer Druckfarbe auf hellem Papier. Eine Auflage des Druckes wurde bisher nicht erstellt. Bei den ausgestellten Exponaten handelt es sich um gute Erstandrucke.
2. Mit Acrylfarbe wurden farbige Untergründe erstellt, auf denen dann mit schwarzer Druckfarbe gedruckt wurde. Daher sind diese Blätter und die folgenden Exponate, 3 und 4, Unikate.
3. Ein farbiger Druck als Basisblatt (2) wurde hier zunächst mit weißer und grauer Farbe lasiert. Mehrere Unikate (2) wurden zerschnitten und passend zum Schwarzdruck des Motivs eingefügt. Dabei erscheint der eigentliche Druck deckungsgleich zu der zweiten Variante, jedoch heben sich die eingefügten farbigen Hintergründe vom lasierten Hintergrund ab.
4. Hier wird auf originalem Zeitungspapier gedruckt und mit weiteren Drucken auf Zeitungspapier oder Ausschnitten collagiert. Wie bei Variante drei ergänzen wiederum Streifen aus Variante 2, auch deckungsgleich mit dem Schwarzdruck eingefügt, das Gesamtbild. Verwendung fanden hier zwei sogenannte Leitmedien. Die“ New York Times“ und der „Spiegel“.
Die Hängung der Drucke ließe sich von links nach rechts „lesen“. Zum Beispiel als eine Art chronologischer Abfolge der klassischen Moderne in der Kunstgeschichte. Hier wäre der Schwarz/Weiß Druck, in der klassischen Moderne in prominenter Form während des deutschen Expressionismus erschienen, eine Art romantizierender Ausgangspunkt (1 und 2). Das Lamento oder die Verherrlichung der subjektiven Gefühls wurde von den zeitlich folgenden Künstlern der avantgardistischen Phasen verächtlich betrachtet. Das Zerschneiden also Zerstören von Kunstwerken um ein Gesamtwerk zu formulieren, könnte den ideellen Hintergrund diese Phase beschreiben(3). In der vierten Variante taucht der industriell geschaffene Gegenstand im Werk auf. Das Readymate, hier als Massenware Zeitung.
Eine andere Lesart könnte sich an der Entwicklung eines Menschenlebens festmachen. Im Prozess seiner individuellen Erkenntnis und Projektion. Beginnend mit einer romantischen Vorstellung von Welt, seiner Kindheit und Jugend entsprechend (Bild 1). In seiner Entwicklung zum erwachsenen Menschen gelingt es ihm sein zunächst rohes schwarz-weißes Weltbild mit Farbe auszuschmücken (Bild 2). Erfahrungen in Beziehungs -und Arbeitswelt bewirken erste Risse und Brüche in seinem Weltbild, seinem Traumbild einer überwiegend inneren Existenz. (Bild 3) Auf seinem weiteren Weg mit wachsenden Restriktionen durch die Außenwelt stellen sich Existenzfragen, die sein Selbstbild und Weltbild weiter fragmentieren und neu formen. (Bild 4)
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